Bericht von Familie Neuhold über Ihre Lettlandreise
04.06. - 09.06.2014




Einleitung
Wir, Vera und Werner befassen uns schon sehr lange mit den Erzählungen, sowie Geschichten über unsere Familien.
Im Familienzweig Neuhold hatte die Großmutter, eine geborene Grasl, drei Brüder namens Johann, Josef und Friedrich. Der Verbleib der drei Brüder, diese sind im 2. Weltkrieg gefallen, beruht auf Erzählungen.




Leider starben die Großeltern bereits 1979 und nur von Friedrich gibt es noch eine Ansichtskarte vom 18.7.1944 wo er schreibt: „Viele Grüße sendet Ihnen von der schönen Insel Rügen Fritz Grasl“, sowie ein Sterbebild mit dem Hinweis, dass Grenadier Friedrich Grasl am 5. November 1944 in Lettland im 18. Lebensjahr den Heldentod fand.




Erst 2010 wurden wir im Internet auf die Datenbank „Gräbersuche“ vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. aufmerksam. Eine Suche nach Grasl/Grassl/Graßl, sowie den verschiedenen Vornamen, brachte viele Treffer und beim Eintrag eines Friedrich Grasl, geboren am 7.10.1926 in Fahsafeld, gestorben am 5.11.1944 in Ceruli. Lettland, hatten wir sofort einen Verdacht.
Nach Abgleich der Daten mit dem Geburtenbuch der Pfarre Pottenstein (zuständige Pfarre für Fahrafeld) stimmte das bis dato unbekannte Geburtsdatum überein und der Ort Fahsafeld entpuppte sich als Tippfehler. Auf unsere schriftliche Anfrage mit den nun vorliegenden Daten bei der Deutschen Dienststelle (WASt) in Berlin, konnte diese uns am 28.03.2011 den militärischen Werdegang von Friedrich Grasl übermitteln und den Todesort Ceruli, sowie die Grablage in Saldus bestätigen.
Nun hatte unsere Familie einen greifbaren Nachweis über den Verbleib von einem der drei Brüder.
Durch die erfolglose Such nach den anderen Brüdern, begannen wir Mitte 2013 mit der Internetsuche nach Ceruli und sind auf der Webseite „Kurland-Kessel 1944/1945“ auf die für uns sehr informativen, sowie interessanten Reiseberichte gestoßen. Herr Michael Molter gab ab der ersten E-Mail-Anfrage eine umfangreiche Hilfestellung, übermittelte Bilder von der Grabstelle in Saldus, sowie Google Maps-Übersichten der betreffenden Orte. Er machte uns Ende Oktober 2013 das unverbindliche Angebot an der nächsten Lettlandreise teilzunehmen und gerne wollen wir darüber wie folgt berichten ...

1. Tag - 04. Juni



Unser Flugzeug startete pünktlich vom Flughafen Wien und nach zwei Flugstunden erreichten wir Riga. Florian, Fredi und Michael, welche bereits vormittags von Frankfurt aus angereist sind, begrüßten uns auf das herzlichste und wir konnten unser Gepäck im bereits übernommenen Mietauto verstauen. Nun galt es nur mehr auf Hartmut, Heidi und Klaus zu warten, welche aus München anreisten. Nach kurzer Zeit hat sich unsere Gruppe zusammengefunden und es ging sofort zur Deutschen Sammelfriedhofsanlage Riga-Beberbeki.




Die Größe der Anlage, sowie die Anzahl der Grabstellen ist beeindruckend und die von einem Mann besetzte Informationsstelle hoch interessant. Anschließend ging es weiter Richtung Saldus mit einem kurzen Zwischenstopp in der Laci-Bäckerei: www.laci.lv/index.php/eng/ um uns für den weiteren Tagesablauf zu stärken.
Das nächste Ziel war Paugibelas, ein nicht mehr existierendes Bauernhaus bei dem Michaels Großvater vermisst wird. Nur mehr ein Steinhaufen erinnert an die Stelle und Michael hinterlässt eine Kerze, sowie einen Blumenstrauß. Nach kurzer Anteilnahme ging es direkt nach Saldus zum Hotel Kalnsetas.

2. Tag - 05. Juni



Nach einer angenehmen Nachtruhe (gilt auch für die weiteren Nächte) treffen wir uns mit Indra, eine lettische Bekannte von Michael, sie begrüßt uns in sehr gutem Deutsch. Wegen Renovierungsarbeiten in der Hotelküche, hat Indra vorab im Cafe "Miko" Plätze reserviert. Für die nächsten drei Tage bekommen wir dort ein ausgezeichnetes Frühstück. Leider muss Indra zur Arbeit und es bleibt wenig Zeit für ein längeres Gespräch.
Das erste Ziel an diesem Tag ist Skrunda, wo sich eine ehemalige Ausgrabungsstelle befindet. Nach einer kurzen Besichtigung geht es sofort weiter nach Kalvene. Wir besichtigen das schöne Kulturhaus und ein Schulgebäude, es handelt sich dabei um das Geburtshaus des Dichters Eduard von Kayserling (1855 – 1918). Bei beiden Orten bekommen wir geschichtliche Informationen von Michael, auch Florian, Hartmut und Klaus sind sehr bemüht uns Lettland-Neulingen alle unsere Fragen zu beantworten.




Der telefonisch über unsere Anwesenheit informierte Bürgermeister begrüßt uns sehr herzlich, spricht ebenfalls deutsch und gibt einen Überblick über die Region, sowie ihrer Entwicklung.
Nach der Verabschiedung fahren wir nach Izriede und treffen den Getreidebauer Mariss auf dem Hof seines Bruders, dieser ist ebenfalls ein guter Bekannter. In der Nähe zum Hof befindet sich ein deutsches Gräberfeld von welchem Klaus einen genauen Übersichtsplan präsentiert. Dieses Gräberfeld war einmal mit einer kleinen Steinmauer umgeben und wurde leider zerstört. Noch heute sind Steine zu finden die dieses belegen. Alle hier bestatteten Soldaten wurden auf die Sammelfriedhofsanlage Saldus umgebettet. Anschließend fahren wir zum Haus von Mariss, treffen dessen Frau und Tochter.




Nach netten Gesprächen bei Kaffee und Jause geht es weiter Richtung Priekule mit einem Zwischenstopp in Teni, um für Bekannte, an der Stelle wo dieses Bauernhaus stand, Blumen abzulegen.
Die Kleinstadt Priekule, im 2. Weltkrieg fast zur Gänze zerstört, beherbergt den größten Friedhof der Sowjetarmee in Lettland, auf dem 23000 Soldaten bestattet sind. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen die zwischen 1994 bis 1998 renovierte Kirche, das Schwedische Tor, im 2. Weltkrieg zerstört und 1954 wieder aufgebaut, sowie die Burg und der Parkaussichtsturm. Nach der Friedhofsbesichtigung fahren wir nach Krumi um die Stelle zu suchen wo der Vater von Hartmut gefallen ist.




Im Vorjahr scheiterte die Suche an der Navigation, dieses Mal hat Klaus ein Outdoor Navi mit und es gelang tatsächlich die Stelle zu finden. Viele Schützengräben, herumliegende Munition, sowie ein deutscher Stahlhelm bestätigen den Sucherfolg. Mit nachdenklichen, sowie gemischten Gefühlen verlassen wir die Stellungen, fahren anschließend nach Uzuli, um noch viel größere Stellungsanlagen zu sehen.
Zurück in Saldus beenden wir den Tag im "Magdalena", ein gemütliches Lokal mit freundlicher Bedienung, sehr guten Speisen und das lettische Bier lässt sich ebenfalls sehr gut trinken.

3. Tag - 06. Juni



Dank der hervorragenden Organisation durch Indra und Michael vor Reiseantritt, konnte ein wunderschön gestalteter Kranz in einem kleinen Blumenladen abgeholt werden. Nach kurzer Fahrt erreichten wir unser eigentliches Ziel für diese Lettlandreise, die Deutsche Sammelfriedhofsanlage Saldus. Unsere mitgebrachten Schleifen noch schnell am Kranz befestigt und dann war es endlich so weit, wir standen an der Grabstelle von Friedrich Grasl. Fast 70 Jahre nach seinem Tod ist es gelungen seine Grabstellen zu schmücken, um ein Zeichen zu setzen. Die Familie wird ihn nicht vergessen. Gemeinschaftlich wurden die bekannten Grabstellen besichtigt, einige Eintragungen in das Gästebuch gemacht.




Danach ging es weiter nach Jaunpils, wo sich im Schloss das Lazarett der 93. I.D. befand, um anschließend in Lestene einen lettischen Soldaten Namens Aldis zu treffen. Dieser war bei vielen Umbettungen beteiligt und ist einer der letzten noch lebenden Zeitzeugen. Aldis zeigt uns die Kirche und den angrenzenden lettischen Soldatenfriedhof, ein kleines Museum, ein dem Verfall preisgegebenes Schloss mit den umliegenden Häusern und erzählt interessante Geschichten, sowie Erlebnisse von den Kriegshandlungen.




Im Anschluss bringt uns Aldis nach Berzugkrogs zum deutschen Gräberfeld auf dem Zivilfriedhof, wo die Gebeine von Friedrich Grasl, sowie vieler seiner Kameraden geborgen und auf die Sammelfriedhofsanlage Saldus umgebettet wurden. Wir fragen Aldis nach dem Ort Ceruli, denn dort ist Friedrich Grasl gefallen, worauf dieser lächelnd erklärt, Ceruli ist ein Vogel und es handelt sich mit Sicherheit um Ciruli ganz in der Nähe. An dieser Stelle verabschieden wir uns von Aldis und fahren nach Ciruli. Finden Vorort zwei Bauernhäuser die nicht weit von einander entfernt sind. Beim ersten Bauernhaus scheint niemand zu wohnen, obwohl wir einen friedlichen und zutraulichen Hund antreffen. Um sicher zu gehen welches Bauernhaus nun Ciruli ist, fahren wir zum zweiten. Klaus bekommt von einer netten Frau die Auskunft, dass es sich um das Nachbarhaus handelt und nur selten ist dort jemand anzutreffen. Nun bleibt nur mehr ein paar Fotos von Ciruli zu machen, die Rückfahrt nach Saldus anzutreten und diesen Tag im "Magdalena" bei einem weiteren sehr guten Abendessen zu beenden.

4. Tag -07. Juni



Unser erstes Ziel ist das Geisterhaus, eine Wohnhausanlage in Saldus, um dieses aus der Nähe zu betrachten. Laut Erzählungen, wurde dieses Gebäude aus Geldgier auf den Gräbern von deutschen Soldaten errichtet und es sei zu unerklärlichen Ereignissen, sowie Todesfällen gekommen. Es soll sich auch kurz vor Fertigstellung an der Fassade eine Erscheinung gebildet haben, die weithin ersichtlich und von vielen Einwohnern wahrgenommen wurde. Nach kurzer Verweildauer fahren wir zur Sammelfriedhofsanlage Saldus, machen einen letzten Blick auf die Grabstellen für diese Reise und besuchen anschließend das Kurland-Museum in Zante.



Das Museum des Kurland-Kessels wurde 1996 eröffnet, ist wie ein Mahnmal eingerichtet, um an die tragische Geschichte von Lettland zu erinnern. Hier ist eine große Ausstellung untergebracht, die von den Ereignissen im Ersten und Zweiten Weltkrieg berichtet. Im Museum kann man ein Kriegsflugzeug, einen Panzertransporteur und einen Panzer der Roten Armee besichtigen, sowie rekonstruierte Schützengräben und Bunker durchlaufen.




Diejenigen, die Freude an ungewöhnlichen Erlebnissen haben, können eine Nacht im Bunker verbringen und den damaligen Alltag der Soldaten an der Front miterleben.
Im Weiteren besichtigen wir den Zivilfriedhof Satu Kapi, auch hier befanden sich Grabstellen, aber leider fanden seit dem letzten Besuch von Michael Veränderungen statt, worüber er noch keine Informationen hatte. Anschließend besuchen wir die Filmstadt Cinevilla in Slampe, sowie die zerstörte Kirche und den Zivilfriedhof von Dzukste, wo auch 198 Soldaten u.a. der 93.I.D. begraben sind. Die Grabstellen sind Kreisförmig angelegt und im Mittelpunkt befindet sich ein zentraler Gedenkplatz mit einem Hochkreuz.

Wieder zurück in Saldus, treffen wir uns zum Abendessen mit Indra im "Magdalena", um mit Ihr gemeinsam bei netten und fröhlichen Gesprächen den letzten Abend in Saldus zu verbringen. An dieser Stelle nochmals: „Herzlichen Dank Indra für Deine vorbildliche Betreuung Vorort, sowie der Hilfe bei der Kranz-Bestellung“.

5. Tag - 08. Juni



Nach dem Check-Out im Hotel Kalnsetas und Frühstück in einem Cafe außerhalb von Saldus, mussten wir Abschied von Heidi und Klaus nehmen, da sich unsere Wege trennten. Sie blieben noch ein paar Tage in Lettland, aber wir mussten leider zurück nach Riga.

In Riga angekommen übernahmen wir im Hotel Spare unsere Zimmer für die letzte Nacht in Lettland.

Gleich darauf ging es in die Altstadt von Riga und Michael zeigte uns die Sehenswürdigkeiten, die in einem halben Tag möglich sind. Es war beeindruckend, sowie aufregend zugleich und als absoluten Höhepunkt des Tages ist sicherlich das lettische Okkupations-Museum zu erwähnen.

Den letzten gemeinsamen Abend verbrachten wir im Hotel-Restaurant bei netten Gesprächen und hatten sehr viel Spaß.

6. Tag - 09. Juni
Unser Rückflug war am frühen Vormittag angesetzt und Michael musste uns bereits um 8 Uhr morgens zum Flughafen bringen. Der Abschied von Florian, Fredi und Hartmut frühmorgens im Hotel, sowie von Michael am Flughafen fiel uns sichtlich nicht leicht, denn auf dieser Reise hatten wir nicht nur Menschen mit gleichem Interesse in und an Lettland kennen gelernt, sondern neue Freunde gefunden.




© Werner Neuhold


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